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Früher, also so in den ersten Jahren, nachdem ich zum Glauben kam, hatte ich immer so das Gefühl, dass mir irgendwas fehlt, um richtig Christ zu sein. Wenn ich mir so die anderen Christen um mich herum ansah, dann entstanden in mir so christliche Minderwertigkeitskomplexe. Ich schaute mir mein Leben an und stellte fest, dass ich keine krasse "Bekehrungsgeschichte" erzählen konnte, wie viele andere. Die hatten mit Drogen zu tun, waren vorher Satanisten, kamen aus einem zerrütteten Elternhaus,... Ich hatte ein vergleichsweise behütetes Elternhaus und somit auch ein behütetes Leben. Keine Drogen oder Partyexzesse oder dergleichen. Klar, sicher gab es das eine oder andere, was nicht bilderbuchmäßig verlief, aber ich hatte das Gefühl, dass das, was mir passierte, nicht ausreichend sei. Zwischen Hänseleien in der Schule und einer krassen Bekehrungsgeschichte lagen meiner Meinung nach schließlich Welten.
Irgendwie manifestierte sich dieser Gedanke in mir, dass ich so kein richtiger Christ sein könnte. Eben ohne solch krasse Bekehrungsgeschichte. Ohne irgendeine lebensverändernde Gotteserfahrung. Ohne bei irgendeiner Evangelisationsveranstaltung zum Kreuz gegangen zu sein und ein Übergabegebet gesprochen zu haben. Ich hatte das Gefühl so etwas erlebt haben zu müssen. Kann ich so wirklich Christ sein? Reicht das aus?
Schließlich hatte ich zu Konfirmation einfach nur eine kleine, einfache Entscheidung getroffen. Ohne besondere Vorkommnisse. Ich dachte mir, dass da doch mehr sein müsste als nur von Familie und Nachbarn Geschenke und Geld geschenkt zu bekommen, weil man traditionsgemäß Konfirmation machte. Ich bin in keinem christlichen Elternhaus aufgewachsen. Die Konfirmation macht man eben. Das gehört dazu.
Dieser Minderwertigkeitskomplex gehörte einige Zeit zu meinem Glauben dazu. Es beeinflusste meine Beziehung zu Gott. Und während andere Zeugnis gaben von ihrer Bekehrung, dachte ich, dass ich nicht ausreichend sei. Schließlich hatte ich nichts krasses zu erzählen. Das belastete mich viele Jahre, bis ich irgendwann erkannte, dass ich so wie ich bin mit meiner nicht ganz so krassen Lebensgeschichte ausreichend bin. Gott liebt mich trotzdem. Ich erkannte, dass dieses behütete Leben ein Geschenk war und konnte dies auch endlich annehmen.
Auch ohne krassen Lebenswandel schenkte mir Gott besondere Erlebnisse, die meinen Glauben geprägt haben. Er stellte mir tolle Menschen an die Seite, die mich begleitet haben und mir den Glauben näher gebracht haben. Ich durfte Dinge erleben und Menschen kennenlernen (und das darf ich auch heute noch), die ich ohne meinen Glauben nie erlebt hätte bzw. getroffen hätte. Gott hat mir Dinge gezeigt, die ich sonst nie gesehen hätte. Es muss nicht immer eine krasse Bekehrungsgeschichte sein. Man kann auch so Gott erleben. Und das, was mir Gott all die Jahre über geschenkt hat an guten erfahrungen und Erlebnissen kann und möchte ich weitergeben.